Kommentar von Geldner:

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DER RECHTSSPRUCH (Z. 48-54)

Wohl selten hat ein Mainzer Gericht in einem derartig komplizierten Falle ein Urteil zu fällen gehabt, es unterzog sich der Aufgabe, soweit wir heute, die wir Fusts Widerrede und Gutenbergs Nachrede nicht kennen, uns eine fundierte Meinung bilden können, nach bestem Wissen und Gewissen. In weiser Zurückhaltung urteilte es nur in bezug auf den ersten Artikel der Klage Fusts und berücksichtigte dabei offensichtlich die Antwort Gutenbergs auf die Klage Fusts, die Gutenberg wohl in seiner (nicht überlieferten) Nachrede noch weiter ausgeführt und begründet hatte. Fust hatte wohl in der Widerrede auf Gutenbergs Antwort zugeben müssen, daß ein grundsätzlicher Unterschied bestand zwischen dem Darlehen (den ersten 800 Gulden, wenn wir bei der von Fust zunächst angegebenen Summe bleiben wollen), das für die Herstellung des Druckgerätes, das Fust verpfändet werden sollte, bestimmt war, und der Geschäftseinlage (den zweiten 800 Gulden, die Fust ratenweise gezahlt hatte), die für das werck der bücher (das Werk zu ihrem gemeinsamen Nutzen) bestimmt war. Über diese zweiten 800 Gulden entschied es zunächst: wenn Gutenberg, wie er sich erboten hatte, über alle Einnahmen und Ausgaben, die er in bezug auf das Gemeinschaftswerk hatte, Rechenschaft abgelegt hat, soll das Geld, das er mehr eingenommen hat, zu den 800 Gulden hinzugerechnet werden (das Gericht rechnete offenbar damit, daß durch den Verkauf von Druckerzeugnissen schon Einnahmen erzielt worden waren). Das mit diesen 800 Gulden zuzüglich weiterer Einnahmen Gutenbergs Geschaffene (werck der bücher) sollte offenbar nach der Auffassung des Gerichtes, wie es bei einem Gemeinschaftswerk üblich war, wenn nicht anders vereinbart war, beiden Partnern zu gleichen Teilen gehören. Stelle sich aber bei der Abrechnung heraus, daß Fust an Gutenberg mehr als 800 Gulden gegeben habe, die nicht zu ihrem gemeinsamen Nutzen verwendet wurden, solle Gutenberg auch diese zurückzahlen. Wenn dann Johannes Fust durch Eid oder Zeugen beweise, daß er das obengenannte Geld selbst nicht aus eigenem Kapital genommen, sondern gegen Zinsen entliehen habe, solle ihm Gutenberg auch diese Zinsen ersetzen. Unter dem obengenannten Geld, das nicht zum gemeinsamen Nutzen verwendet wurde, sind vor allem die 800 - x Gulden zu verstehen, die Gutenberg als zinsloses Darlehen ansah und die zur Herstellung der zu verpfändenden Druckgeräte bestimmt waren. Das Gericht betrachtete offenbar die sämtlichen von Fust an Gutenberg übergebenen Gelder als ein Ganzes (wie es ja auch Fust tat). Was nicht für das gemeinsame Werk verwendet worden war, war zurückzuzahlen und zu verzinsen, falls Fust nachwies, daß er selbst Zinsen dafür zahlen mußte. Dieser Entscheid erscheint gerechtfertigt. Wie war aber in praxi zu entscheiden, was Gutenberg für seine Geräte gebraucht hatte, und was für das Werk zu ihrer beiden Nutzen verwendet worden war, wenn zum Beispiel Gutenberg, den von ihm hergestellten Typenapparat (sein geczuge) zum Gemeinschaftswerk (werck der bucher) verwendete? Es war wohl auch nicht so leicht festzustellen, von wann ab die neugeschaffenen Typen dem Gemeinschaftswerk gehören sollten, da anscheinend die Fustschen Gelder laufend weitergezahlt wurden, ohne scharfe Trennung von Darlehen und Einlage. Das Urteil war zwar endgültig - nicht ein Zwischenurteil, wie ZEDLER meinte -, aber es war doch nur ein noch dazu bedingtes Teilurteil.